Herzog Julius von Braunschweig und Lüneburg gründete, nachdem er die Reformation in seinem Fürstentum durchgeführt hatte, mit kaiserlicher Genehmigung die erste welfische Universität. Hier sollten vor allem evangelische Theologen ausgebildet werden. Wegen seiner günstigen Lage wurde Helmstedt als Standort bestimmt. Der ehemalige Stadthof der Zisterziensermönche von Mariental wurde Sitz der Universität. Am 15.Oktober 1576 fanden die Eröffnungsfeierlichkeiten statt. Erster Rektor wurde der 12-jährige Kronprinz Heinrich Julius.
Die Universität, nach ihrem Gründer „Academia Julia“ benannt, umfasste vier Fakultäten: Theologie, Jurisprudenz, Medizin und Philosophie. Bald nach ihrer Eröffnung führten im „Hofmannschen Streit“ Richtungskämpfe zwischen der Theologie und der philosophischen Fakultät von einer streng lutherischen Ausrichtung hin zu ihrer Öffnung gegenüber einer liberaleren Wissenschaftsauffassung.
Die Universitätslehrer waren in vielfacher Hinsicht herausragend. 1589 kam der bedeutende Theologe und Naturwissenschaftler Giordano Bruno auf Einladung des Herzogs Julius an die Academia Julia. Ab 1589 versammelte Johannes Caselius einen bedeutenden Späthumanistenkreis in Helmstedt. Seiner Schule entstammt der berühmte und bis heute ausstrahlende Einigungstheologe Georg Calixt. Professor Hermann Conring, Polyhistor, Berater gekrönter Häupter, Mediziner und Begründer der deutschen Rechtsgeschichte, begann 1620 seine Laufbahn als mittelloser Student in Helmstedt. Das Professorengeschlecht der Meiboms brachte Historiker, Poeten und herausragende Mediziner hervor. Heinrich Meibom d.J. entdeckte den blinden Fleck auf der Zunge sowie die nach ihm benannten Meibom´schen Drüsen am Augenlid. Lorenz Heister verankerte die Chirurgie als Lehrfach an der Universität. Eine besondere Professorenpersönlichkeit, die Bechstein und Arnim als literarisches Vorbild diente und Goethe zu einem Besuch veranlasste, war der letzte Helmstedter Universalgelehrte Gottfried Christoph Beireis.
Mehr als 46 000 Studenten fanden bis zur Schließung der Universität im Jahr 1810 den Weg nach Helmstedt. Unter ihnen befanden sich spätere Staatsmänner ebenso wie berühmte Gelehrte. Zu den bedeutendsten ehemaligen Studenten zählen Otto von Guericke und Carl Friedrich Gauß, der hier 1799 seine Promotionsschrift einreichte.
Im frühen 17. Jahrhundert erreichten die Immatrikulationszahlen mit jährlich über 500 Neueinschreibungen ihren Höchststand. Zu dieser Zeit war Helmstedt nach den Studentenzahlen die drittgrößte Universität im deutschsprachigen Raum. Die Gründungen der Universitäten in Kiel, Halle und Göttingen führten in Helmstedt zu rückläufigen Studentenzahlen. Den Modernisierungen nach der französischen Revolution konnte Helmstedt nicht folgen. Die westfälische Zeit überstand die Universität nicht mehr, König Jerôme ordnete 1809 ihre Schließung an.
Herzog Heinrich Julius ließ 1592 bis 1597 durch den herzoglichen Hofbaumeister Paul Francke das Hauptgebäude der Universität errichten und benannte es nach seinem Vater, dem Universitätsgründer „Juleum“. Das Gebäude im Stil der Spätrenaissance zählt zu den bedeutendsten Bauwerken Norddeutschlands. Es ist reich mit Wappen, Kriegern und allegorischen Darstellungen der Fakultäten geschmückt. Im Inneren befinden sich die Aula, die heute für Konzerte und Vorträge genutzt wird, sowie die ehemalige Universitätsbibliothek, die zu ihren besten Zeiten mehr als 100 000 Titel umfasste. Im ehemaligen Wein- und Bierkeller präsentiert das Kreis- und Universitätsmuseum Helmstedt originale Zeugnisse aus der Universitätsgeschichte.
Kreis- und Universitätsmuseum Helmstedt